Denkt man an Kalifornien, kommen einem natürlich zunächst einmal die bekannten Metropolen wie Los Angeles oder San Francisco in den Sinn. Es gibt jedoch auch im Golden State Orte, die ein wenig abseits der Küste, im Landesinneren liegen, nicht im Fokus der meisten Touristen sind und denen man dennoch definitiv einmal einen Besuch abstatten sollte. Einen solchen Ort habe ich erst kürzlich durch Zufall kennengelernt, da ich aufgrund von Waldbränden nordöstlich von Los Angeles umplanen musste. Herausgekommen ist dabei ein Trip nach Salton Sea, dem größten Binnensee Kaliforniens, den man von Los Angeles aus in ca. drei Stunden erreichen kann.
Wie man schon ein wenig an der Überschrift erkennen kann, entspricht Salton Sea so gar nicht dem Bild, das man normalerweise von Kalifornien hat. Keine Palmen, keine sonnengebräunten und gutgelaunten Beach-Menschen, stattdessen ein wenig apokalyptische Endzeitstimmung. Klingt erstmal so gar nicht nach einem Ort, den man sich anschauen möchte? Dachte ich auch. Allerdings musste ich feststellen, dass gerade diese Stimmung der Gegend einen absoluten Flair verleiht, der dadurch noch unterstützt wird, dass sie an verschiedenen Stellen mit Outdoor-Kunst bestückt wurde. Doch dazu später mehr.
Salton Sea liegt genau auf der Grenzen zwischen dem Imperial County und dem Riverside County und ist mit einer Fläche von ca. 1.000 Quadratkilometern tatsächlich der größte See innerhalb Kaliforniens. Seinen Namen verdankt er der Salton-Senke (engl.: Salton sink), die sich zwischen Chocolate Mountains in der Colorado-Wüste befindet und ca. 66 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Entstanden ist der Salton Sea („der“ fühlt sich hier irgendwie komisch an, ich mache das aber einfach mal) durch einen Zu- oder besser gesagt Unfall. Im Jahr 1905 brach das California Aqueduct, ein Damm des Colorado River, wodurch ein Großteil dessen Wassers zwei Jahre lang in die Salton-Senke floss und hierdurch den Salton Sea bildete. Heute ist dieser Unfall als „Great Salton Accident“ bekannt. Ursprünglich ging man davon aus, dass der See schnell austrocknen würde. Stattdessen kam es zu einer landwirtschaftlichen Nutzbarmachung und auch zu einem touristischen Ausbau der Gegend um den See. Findige Immobilienmakler wollten den Salton Sea zur „Kalifornischen Riviera“ machen und zogen auf diese Weise zu Beginn des Booms auch die Schönen und Reichen aus Los Angeles an den See. In den 50er und 60er Jahren zählte man bis zu 1,5 Millionen Urlauber. Und auch die Flora und Fauna gedeihte kräftig. Eine Studie erklärte den Salton Sea 1985 sogar zum ertragreichsten Fischgrund in ganz Kalifornien.
Zwar fließen auch nach dem Stopfen des Bruchs im Damm des Colorado Rivers unter anderem mit dem New River, Whitewater River und Alamo River noch kleinere Flüsse in den Salton Sea, allerdings verfügt er über keinen Abfluss. Hierdurch und durch seine Lage in der Wüstengegend und die damit verbundene starke Verdunstung hat der Salzgehalt des Wassers über die Jahre deutlich zugenommen. Zudem landen auch große Mengen an Düngemitteln von den umliegenden Feldern im See, wodurch das Ökosystem inzwischen größtenteils zerstört wurde und der See umkippte. Aus der „Kalifornischen Riviera“ wurde eine der größten Umweltkatastrophen Kaliforniens, wenn nicht sogar der gesamten USA. Heute ist der Salton Sea beispielsweise um 25% salziger als der Pazifik. Durch die Zersetzung von Pflanzenteilen durch Bakterien weist er zudem einen extrem hohen Schwefelwasserstoff-Gehalt auf, was man an bestimmten Tagen sogar riechen kann.
Die Folgen für die Gegend kann man sich denken. Die Touristenorte entlang des Seeufers sind inzwischen größtenteils verwaist, wodurch die eingangs erwähnte Endzeitstimmung entsteht. In den einst florierenden Orten stehen inzwischen größtenteils nur noch verlassene Ruinen, teilweise sogar mit Wracks von alten Autos und Booten. Das zurückgegangene Wasser hinterlässt einen salzverkrusteten Boden, so dass man sich teilweise wie in einem Mad Max Film wähnt, wenn man durch Orte, wie beispielsweise Salton Sea Beach oder Bombay Beach fährt. Nichts desto trotz ist die Gegend auch heute noch ein Naherholungsort und beinhaltet unter anderem die Salton Sea State Recreation Area und das Sonny Bono Salton Sea National Wildlife Refuge.
Nun kann man sich selbstverständlich die Frage stellen, was einen in diese gottverlassene Gegend führen soll, wenn dort ja eigentlich kein wirkliches Leben mehr herrscht. Es ist einerseits vielleicht einfach die Faszination, die von solchen Orten ausgeht, andererseits hat die Gegend rund um Salton Sea auch eine neue Art von Menschen angezogen, die sich aus dem Großstadtleben verabschiedet, sich in der Wüste um Salton Sea niedergelassen und die Gegend mit verschiedenen Kunstinstallationen versehen haben. Nun bin ich persönlich nicht wirklich kunstinteressiert, in der Kombination mit der Stimmung in der verlassenen Gegend, wirkt sie hier aber auch auf mich einen gewissen Charme aus, so dass ich mich auf einen kleinen Rundtrip um den Salton Sea begeben habe.
Übrigens kann es in dieser Gegend auch schon mal dünn werden, was die Mobilfunkabdeckung betrifft. Aus diesem Grund rate ich dazu, sich im Vorfeld bereits die entsprechenden Kartenausschnitte in Google Maps oder Apple Karten herunterzuladen, damit man auch ohne Netz noch navigieren kann, wenn man beispielsweise mit dem Mietwagen unterwegs ist.
Eine Anleitung für den Download von Karten in Google Maps gibt es hier: Google
Eine Anleitung für den Download von Karten in Apple Karten gibt es hier: Apple
Mein erstes Ziel am Salton Sea war der inzwischen größtenteils verlassene Ort Salton Sea Beach an der Westseite des Sees. Die alten Schilder an der Straße erinnern in ihrer Aufmachung noch an die Blütezeit der Gegend in den 50er und 60er Jahren. Sobald man in den Ort jedoch hineinfährt, kommt ein bedrückendes Gefühl auf. Menschen sieht man hier so gut wie gar nicht auf der Straße und auch die meisten Häuser sind verfallen. Teils stehen nur noch Baracken und Gerippe von Gebäuden, die dazu auch noch mit Graffiti besprüht sind. Hier und dort steht sogar noch ein Auto- oder Bootswrack herum und verrottet vor sich hin. Und auch der Blick in Richtung See vermittelt einem einen unmittelbaren Eindruck der Umweltkatastrophe, die hier stattgefunden hat und noch immer stattfindet. Hier ist auch noch nichts von den angesprochenen Kunstinstallationen zu sehen, was sich auf der weiteren Fahrt um den See herum jedoch ändern soll.
Von Salton Sea Beach aus ging es weiter entlang des Westufers des Salton Sea in südlicher Richtung. Ziel war der Ort Niland im Südosten des Sees. Auf dem Weg dorthin bekommt man einen Eindruck von der landwirtschaftlichen Nutzung der Gegend. Man fährt sprichwörtlich kilometerweit an Unterständen für Kühe und Rinder vorbei, die diese vor der sengenden Wüstenhitze schützen. Eine so große Menge an Nutzvieh hatte ich bis dahin noch nie gesehen, es müssen Tausende gewesen sein.
Kurz bevor es in den Zielort Niland hineingeht, kann man noch einen kleinen Abstecher zu den Old Mud Pots machen. Hierbei handelt es sich um Schlamm-Vulkane, die andeuten, dass die Gegend um den Salton Sea vulkanisch durchaus aktiv ist. Sie befinden sich inzwischen auf dem Gelände des nahegelegenen Kraftwerks und Schilder weisen daraufhin, dass das Betreten des Feldes an der Ecke Davis Street und Schrimpf Street unter Androhung von Strafe verboten ist. Einen Zaun oder ähnliches gibt es dort jedoch nicht.
In Niland angekommen, ist nicht etwa der Ort selbst das Ziel, sondern der nahegelene Salvation Mountain. Ich hatte ja bereits angedeutet, dass vor allem die in der Gegend installierte Outdoor-Kunst ihr einen ganz besonderen Flair verleiht. Auch der Salvation Mountain (zu Deutsch etwa „Berg der Erlösung“) gehört hierzu, wobei die Kunst nur einen Aspekt der Installation auf einem einem kleinen Hügel im Osten von Niland darstellt. Der Hintergrund ist vor allem religiös. Erbaut wurde er aus Lehm, Stroh und Farbe von Leonard Knight, der durch ihn seine Botschaft „Gott ist Liebe“ in die Welt bringen wollte. Hierzu bemalte er den Hügel mit bunten Farben, verzierte ihn mit Versen aus der Bibel und errichtete ein Kreuz auf seiner Spitze. Inzwischen besteht die Installation nicht mehr nur aus dem bunten Hügel, es haben sich auch diverse bemalte und verzierte Fahrzeuge hinzugesellt. Inzwischen haben Salvation Mountain und die nahegelgene Slab City (hierzu gleich mehr) eine dermaßen große Aufmerksamkeit auch über die Landesgrenzen hinaus erlangt, dass der Hügel seit 2002 offiziell zum Nationalen Kulturgut gehört.
Nach dem Tod von Leonard Knight wird der Salvation Mountain heute zwar nicht mehr weiter ausgebaut aber von Freiwilligen betreut und erhalten. Als Besucher kann (und sollte) man sich hieran mit einer gern gesehenen Spende beteiligen.
Die grundsätzlich als eher karge Gegend um den Salvation Mountain zog mit der Zeit noch weitere Menschen an, die sich aus den Städten und dem dortigen Treiben zurückziehen wollten und die Abgeschiedenheit suchten. Die Ansiedlungen führten zur Bildung von „Slab City„, einem wilden Campingplatz, der im Winter aus mehreren tausend Wohnmobilen besteht. Im Sommer hingegen flüchten viele der „Bewohner“ vor der Hitze der Colorado-Wüste in kühlere Regionen im Norden.
Zu Slab City gehört neben dem Salvation Mountain noch eine weitere Kunst-Installation: East Jesus. Anders als man beim Namen vermuten könnte, gibt es keinen religiösen Bezug, stattdessen handelt es sich eher um einen umgangssprachlichen Ausdruck für einen Ort im Nirgendwo jenseits der Zivilisation. Die Anfänge des East Jesus reichen zurück in das Jahr 2007, als Charlie Russell seinen Job kündigte und mit seinem gesamten Hab und Gut in die Gegend zog und begann, dort vor allem aus alten Autos und Schrott Skulpturen zu bauen. Russell starb im Jahr 2011, seitdem kümmert sich die gemeinnützige Chasterus Foundation um den Erhalt und Ausbau von East Jesus. Wie auch am Salvation Mountain kann man sich komplett frei in East Jesus bewegen und die Kunstwerke bestaunen. Eintritt muss man hierfür nicht zahlen, man kann jedoch Spenden hinterlassen (geht auch online über die offizielle Webseite) oder auch geführte Touren buchen.
Hat man sich an Salvation Mountain, Slab City und East Jesus sattgesehen und vor allem unzählige Fotos geknipst, geht die Fahrt entlang des Salton Sea weiter in Richtung Norden. Dabei passiert man auf dem Highway 111 unter anderem einen Kontrollpunkt der US-amerikanischen Einwanderungsbehörde, denn die mexikanische Grenze ist hier gerade mal eine halbe Stunde entfernt. Der nächste eindrucksvolle Ort auf der Tour hört auf den klangvollen Namen Bombay Beach und sollte genau wie Salton Sea Beach einst auch der Unterhaltung der Schönen und Reichen dienen.
Der Ort selbst ist inzwischen ebenfalls weitestgehend verlassen, wenngleich nicht ganz so apokalyptisch wie Salton Sea Beach auf der anderen Seite des Sees. Unter anderem findet man hier immer noch einen kleinen Supermarkt, eine Bar und ein Café. Bekannt ist Bombay Beach allerdings vor allem für seine diversen Kunstinstallationen am Strand, wo das Wasser immer weiter zurückweicht und inzwischen eine matschige Salzwüste hinterlassen hat. Das Coole dabei: Man kann zwischen den Installationen sogar mit dem Auto umherfahren. Dabei sollte man allerdings aufpassen, dass man sich in dem Schlamm nicht festfährt. Sollte dies doch einmal passieren, kann einem immerhin ein Einwohner von Bombay Beach mit deinem Caterpillar aus der Patsche helfen. Die Telefonnummer findet man auf dem Parkplatz vor dem Strand. 😉
Während man allein am Strand von Bombay Beach schon jede Menge entdecken kann, lohnt auch durchaus eine kleine Fahrt durch die Straßen des weitestgehend verlassenen Ortes. Auch hier findet man an verschiedenen Stellen Kunstwerke, Graffitis und sonstige spannende Fotomotive.
Der Rundtrip um den Salton Sea ist in jeglicher Hinsicht eine komplett andere Seite von Kalifornien, als man sie vielleicht schon kennt oder erwarten würde. Die tragische Geschichte hinter der Umweltkatastrophe und die dadurch entstandene Endzeitstimmung rund um den See lassen einen villeicht auch daran zweifeln, ob man sich das tatsächlich anschauen möchte. Allein aber schon durch die vornehmlich von Aussteigern errichtete Outdoor-Kunst gibt der Gegend einen gewissen Charme und spendiert ihr auch das eine oder andere tolle Fotomotiv, so dass sich der Trip für mich definitiv gelohnt hat.
Wie geht es weiter mit dem Salton Sea?
Grundsätzlich hat es sich der Bundesstaat Kalifornien zur Aufgabe gemacht, den Salton Sea zu retten und hierfür einen 10-Jahresplan aufgesetzt. Satte 400 Millionen Dollar will man sich die Renaturisierung kosten lassen. Unter anderem sollte der Salton Sea mit einer knappen Milliarde Kubikmetern Wasser aus dem Colorado River aufgefrischt werden, was man inzwischen aber auch schon wieder verworfen hat. Angeblich soll die vollständige Umsetzung des Restaurierungsplans bis 2028 erfolgen. Allerdings gibt es an den Plänen erhebliche Zweifel, da die Uferlinie des Salton Sea nach wie vor zurückweicht und immer mehr vergifteten Boden freigibt. Und wenn man einmal die Endzeit-Stimmung vor Ort erlebt hat, kann man sich in der Tat kaum vorstellen, dass der Salton Sea irgendwann mal wieder in anderem Licht erstrahlt.
What else is there?
Von Los Angeles aus ist man (je nachdem wo man losfährt) in ca. drei Stunden am Salton Sea, von San Diego aus sind es sogar nur ca. zweieinhalb. Von beiden Metropolen aus eignet sich der See mit den oben beschriebenen Anlaufpunkten also durchaus als Tagesausflug. Wenn man jedoch schon mal in der Gegend ist, würde ich den Trip mit einem Tag im nahegelegenen Joshua Tree National Park und einer Nacht im schönen Wüstenort Palm Springs verbinden. Fährt man vom Salton Sea dorthin, passiert man unter anderem auch Coachella, wo jedes Jahr das berühmte Musik-Festival statfindet. Eine Hotelempfehlung in Palm Springs ist definitiv das Yara Hotel. Von dort aus ist es dann noch ca. eine Stunde bis in den Joshua Tree National Park.
Den Bericht zu meinem Besuch im Joshua Tree National Park gibt es hier: Ein Tag im Joshua Tree National Park
Hotelempfehlungen
Weitere Informationen und Links
- Salvation Mountain – offizielle Webseite
- East Jesus – offizielle Webseite
- Slab City – offizielle Webseite
- Salton Sea Recreation Area
- Sonny Bono Salton Sea National Wildlife Refuge
- ESTA
- Saily – Internationale Datentarife per eSIM
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