Die Watzmann-Überschreitung

Neben der Zugspitze ist der Watzmann vermutlich der zweitbekannteste deutsche Berg. Mit einer Höhe von 2.713 Metern an der Mittelspitze ist er der dritthöchste Hauptgipfel unseres Landes. Und wie es sich für jemanden gehört, der die Berge dermaßen liebt wie ich, musste der Watzmann einfach in mein Gipfelbuch. Da die Überschreitung vom Watzmannhaus ausgehend durchaus anspruchsvoll ist, haben wir uns aber nicht auf eigene Faust auf den Weg gemacht, sondern uns die Unterstützung der Bergführer von Alpine Welten gesichert, deren Dienste ich wärmstens empfehlen kann.

Um es direkt vorweg zu nehmen: „Durchaus anspruchsvoll“ trifft die Überschreitung in der Tat nicht im Ansatz. Während die Überschreitung des Kamms an vielen Stellen ausgesetzt und teils mit Drahtseilen gesichert ist, ist vor allem der lange und vor allem kräftezehrende Abstieg eine echte Herausforderung. Und das sowohl körperlich, als auch mental. Aber der Reihe nach.

Unsere Tour begann am Wanderparkplatz an der Wimbachbrücke in Ramsau bei Berchtesgarden, wohin uns der Weg nach der Überschreitung dann am Folgetag auch wieder zurückführen sollte. Los ging es nach einer kurzen Besprechung mit unserem Bergführer Bene inkl. Ausrüstungscheck gegen 14:30 Uhr in Richtung Watzmannhaus, das für die meisten Überschreitungen als Ausgangspunkt genutzt wird. Der Weg zum Watzmannhaus ist dabei noch äußerst entspannt. Stetig bergauf geht es in ca. drei Stunden die ersten 1.300 Höhenmeter auf den Watzmann. Je nach Wetterlage (bei uns war es durchgehend sonnig und warm) kann das zwar durchaus eine schweißtreibende Angelegenheit sein, der Weg an sich ist jedoch vollkommen problemlos zu meistern, bietet keinerlei technische Schwierigkeiten und wir konnten die Aussicht auf die umliegenden Gipfel der Berchtesgadener Alpen genießen und den zugehörigen Erklärungen und Geschichten unseres Bergführers lauschen.

Der Watzmann liegt im Nationalpark Berchtesgaden, der die Gemeinden Ramsau bei Berchtesgaden, Schönau am Königssee und Berchtesgaden in den Berchtesgadener Alpen umfasst und der einzige deutsche Nationalpark in den Alpen ist. Er wurde 1978 gegründet und umfasst eine Fläche von 208 km². Er ist Teil des UNESCO-Biosphärenreservats Berchtesgadener Land. Neben dem Watzmann liegen innerhalb der Grenzen des Nationalparks auch noch der Blaueis-Gletscher und der Großteil des Königssees.

Am Watzmannhaus angekommen, wird natürlich erst einmal eingecheckt, die Bergstiefel gegen gemütliche Hüttenschuhe getauscht und der zugewiesene Schlafplatz in Augenschein genommen. Mit über 200 Schlafplätzen ist das Watzmannhaus eine der größten Hütten in den Berchtesgadener Alpen und eine der meistbesuchten Hütten des Deutschen Alpenvereins überhaupt. Das Team rund um die beiden Wirtsleute Annette und Bruno ist super herzlich und engagiert und das Essen vielfältig und lecker. Dementsprechend ließen wir es uns nach dem Aufstieg richtig gutgehen und stärkten uns für die Anstrengungen der Überschreitung am kommenden Tag. Auf der Terrasse wurden wir schließlich mit einem wunderschönen Sonnenuntergang in die Nacht verabschiedet.

Nach einer (zumindest für mich typischen) unruhigen Hüttennacht ging es nächsten Morgen zunächst um 06:00 Uhr zum äußerst leckeren Frühstück, ehe wir die Rucksäcke schulterten uns auf den Weg zum ersten Gipfel des Watzmanns, dem Hocheck mit seinen 2.651 Metern machten. Auch wenn es die letzten Meter hoch zum Hocheck ein wenig ausgesetzter und unwegsamer wird, kann sich jeder halbwegs fitte Wanderer die Tour bis hierher zutrauen, auch wenn man nicht die komplette Überschreitung in Angriff nehmen möchte. Bereits am Hocheck hat man immerhin den ersten Watzmann-Gipfel erklommen und wird mit einer tollen Aussicht auf die umliegende Berglandschaft, darunter auch das Steinerne Meer, die Watzfrau und die Watzmannkinder, belohnt. Entscheidet man sich gegen die weitere Überschreitung (oder lassen die Wetteraussichten dies nicht zu), kann man über denselben Weg, über den man gekommen ist, auch wieder absteigen.

Für uns sollte es aber natürlich noch weitergehen. Als nächstes Etappenziel stand die Mittelspitze des Watzmanns und damit sein mit 2.713 Metern höchster Gipfel auf dem Plan. Der Weg dorthin vom Hocheck wird nun deutlich ausgesetzter, weswegen wir uns Klettergurt und Klettersteigset anlegten, welches auch schon kurz darauf erstmals zum Einsatz kam. Ab hier wird die Tour nun deutlich anspruchsvoller und man sollte definitiv Trittsicherheit und eine Portion Schwindelfreiheit mitbringen. Ich würde mich durchaus als bergerfahren bezeichnen, kann aber zumindest bei der ersten Watzmannüberschreitung nur dazu raten, einen Bergführer (wie beispielsweise von Alpine Welten) zu engagieren. Es sind auf dem weiteren Weg schon durchaus einige Stellen dabei, wo wir froh waren, dass wir dies gemacht haben.

Schon vom Hocheck aus hat man einen Blick auf die Mittelspitze des Watzmann und behält diese auch die meiste Zeit des Weges im Auge. Daher kann man auch schon leicht den Weg erahnen, der einem bevorsteht. Mal ein wenig bergauf, mal ein wenig bergab und dann auch wieder bergauf geht es schließlich in weglosem und ausgesetztem Gelände in Richtung des höchsten Punktes des Watzmann. Dieser ist je nach Stärke der Gruppe vom Hocheck aus in ca. einer Stunde erreicht und man wird mit einem weiteren Gipfel, in diesem Fall sogar dem dritthöchsten Hauptgipfel Deutschlands belohnt.

Nur einen Meter niedriger als die Mittelspitze ist die Südspitze, wohin nun der weitere Weg zunächst führt. Entscheidet man sich an der Mittelspitze für diesen weiteren Weg, ist auch die Entscheidung gefallen, über das Wimbachgrieß abzusteigen, da ansonsten der Weg zurück keinen Vorteil bringen würde. Die Entscheidung sollte dabei wohlüberlegt sein, denn der angesprochene Abstieg ist das eindeutig Härteste an der Überschreitung. Ist man also nicht fit oder ist man bereits auf dem Weg vom Hocheck zur Mittelspitze an seine physischen und mentalen Grenzen gestoßen, sollte man sich gut überlegen, ob man seinen Weg in Richtung Südspitze fortsetzt.

Dieser wird nun noch einmal ein wenig anspruchsvoller und ausgesetzter. Unter anderem quert man dabei auch die berühmte Ostwand des Watzmann. Diese erstreckt sich über eine Höhe von 1.800 Metern vom Königssee bis zur Südspitze des Watzmann und ist damit die höchste durchgehende Felswand der Ostalpen. Und auch bei der Überschreitung spielt die Ostwand eine Rolle. Hier befindet sich nämlich für viele eine der Schlüsselstellen, die es zu meistern gilt. Ist die Südspitze mit ihren 2.712 Metern dann erreicht, wird man abermals mit einer fantastischen Aussicht belohnt. Bei guter Sicht erspäht man in der Ferne die oft schneebedeckten Gipfel von Großvenediger, Großglockner, Zugspitze oder Wildspitze. Während unseres Aufenthalts auf der Südspitze spickte sogar noch ein junger Steinbock um die Ecke.

Zu den Tourenbeschreibungen von der Wildspitze und der Zugspitze geht es hier lang:

Auf die Wildspitze
Durchs Reintal auf die Zugspitze

Diese Aussicht sollte man bei einer Pause am Gipfelkreuz dann auch ausgiebig nutzen, denn, um es einmal auf den Punkt zu bringen, an dieser Stelle endet der schöne Teil der Watzmann-Überschreitung. Ab hier stehen einem nun knapp 2.000 Höhenmeter Abstieg bevor, der an keiner Stelle wirklich Spaß macht. Ich habe im Vorfeld eine Menge über diesen Abstieg gehört, gelesen und gesehen, doch nichts davon konnte mich auch nur ansatzweise darauf vorbereiten, was uns bevorstand.

Von der Südspitze aus klettert man zunächst einige Höhenmeter durch eine Felsrinne ab. Dabei gilt es auch immer mal wieder die Hand an den Fels und den Rückwärtsgang einzulegen. Dieser Abschnitt kann dabei noch als zumindest halbwegs angenehm eingestuft werden. Auf die Rinne folgt jedoch ein wirklich langer Abschnitt, bei dem man sich durch Schotter kämpft. Auf diesem geht es stets abschüssig vorwärts, wobei man durchgehend höchste Konzentration benötigt, da man quasi wie auf Murmeln läuft. Da ist es dann schnell passiert, dass man auf dem Schotter ausrutscht und einem die Beine unter dem Körper weggezogen werden.

Immer wieder gibt es auch im Abstieg seilversicherte Passagen, so dass man sich an den weglosesten und steilsten Stellen festhalten kann. Im Vordergrund steht jedoch, dass man den gesamten Abstieg hindurch hochkonzentriert bleiben muss, so dass nicht nur Kondition gefragt ist, sondern auch mentales Durchhaltevermögen. Ausreichend Snacks und Wasser mitzuführen ist dabei nicht nur hilfreich, sondern dringend angeraten. Immerhin hat man während des Abstiegs noch einmal die Möglichkeit, an einer Quelle seine Wasservorrat aufzufüllen, ehe der Weg weiterführt. Denn auch an dieser Stelle ist der Abstieg noch nicht vorbei. So warten auf einen noch diverse weitere Schotterfelder, sowie zwei längere Passagen, in denen man sich an einer Kette über unwegsames Gelände abseilt.

Irgendwann ist dann die Baumgrenze erreicht und kurz darauf dann auch das Wimbachgrieß. Erst hier kann man anfangen, ein wenig im Kopf zu entspannen, denn nun geht es zwar weiter aber deutlich sanfter bergab und auch der Weg an sich ist um einiges angenehmer zu gehen. Nach einer weiteren halben Stunde hat man von hier aus dann die Wimbachgrießhütte erreicht, wo man sich endlich wieder ausgiebig stärken kann. Dies sollte man auch tun, denn auch von hier aus sind es noch einmal schlanke drei Stunden zurück bis zum Wanderparkplatz an der Wimbachbrücke. Eine Option wäre es daher auch, eine weitere Übernachtung in der Wimbachgrießhütte einzuplanen. Hat man den Parkplatz dann schließlich wieder erreicht und fällt die Spannung langsam ab, spürt man die Strapazen von Watzmann-Überschreitung und anschließendem Abstieg in jedem einzelnen Knochen.

Je nach Konstitution und Zusammensetzung der Gruppe dauert der Weg vom Watzmannhaus bis zur Südspitze des Watzmann mindestens vier Stunden, der Abstieg noch einmal weitere sechs Stunden. Alles wohlgemerkt ohne Pausen. Wir haben bei unserer Tour deutlich, deutlich länger gebraucht, so dass wir erst im Dunkeln zum Parkplatz zurückgekehrt sind. Eine Stirnlampe dabei zu haben ist dementsprechend keine schlechte Idee. Allein an den Zeiten kann man allerdings erkennen, dass die Watzmannüberschreitung eine Menge Kondition erfordert. Von Dingen wie Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und mentaler Belastbarkeit ganz zu schweigen. Dennoch ist man anschließend selbstverständlich stolz auf das Geleistete und blickt auf eine tolle Tour zurück.


Fazit

Für einen bergbegeisterten Deutschen ist die Watzmann-Überschreitung sicherlich etwas, was ins Tourenbuch gehört. Bevor man sich auf den Weg macht, sollte man sich jedoch genauestens über die Tour informieren und wissen, worauf man sich einlässt. Die Begriffe Kondition, Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und mentale Belastbarkeit sind oben bereits mehrfach angeklungen – und das nicht ohne Grund. Zudem sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es mit der bloßen Überschreitung nicht getan ist. Vor allem der Abstieg stellt noch einmal eine große, wenn nicht sogar die größere Herausforderung dar.

Ja, es gibt reichlich Leute am Watzmann, die sich mit beidem leicht tun. Zumindest sieht es so aus. Dies hat sicherlich viel mit Erfahrung zu tun. Bringt man diese nicht mit, würde ich mich im Vorfeld nicht nur genauestens informieren und in jedem Fall ein Klettersteigset einpacken, sondern auch einen Bergführer engagieren (wir haben die Tour mit Alpine Welten – Die Bergführer gemacht und waren sehr zufrieden). Die Königstour der Berchtesgadener Alpen ist zum Teil hochalpin und daher nur für erfahrene, absolut trittsichere und schwindelfreie Bergsteiger geeignet.


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