Von Confluencia nach Plaza de Mulas
Nach einer weiteren, durchaus passablen Nacht sollte uns am folgenden Tag ein echter Gewaltmarsch bevorstehen. Es ging vom Zwischencamp Confluencia ins Basiscamp Plaza de Mulas auf einer Höhe von 4.370 m. Und Gewaltmarsch ist dabei keineswegs übertrieben. Satte 18 Kilometer durch das Horcones-Tal standen auf dem Programm. Und das in einer bereits beachtlichen Höhe, bei stetigem Wind und durch Sand und Staub. Zwischen sieben und acht Stunden waren für diese Etappe angesetzt, die wir auch in der Tat brauchten. Dabei verläuft der Anstieg bis zum Piedra Ibanez auf ca. 3.800 m noch relativ sanft, ehe sich das Tal anschließend verengt und es bis zum Camp deutlich steiler wird. Unterwegs überholten uns immer wieder Gruppen von durch Gauchos geleitete Mulis mit dem Gepäck der Bergsteiger. Speziell auf den ersten Kilometern hat man das Gefühl, man wandert durch eine Wüste. Allerdings schweifte auch hier der Blick immer wieder über die karge Landschaft zu den sich rechts und links des Tals erhebenden Bergen der Anden.
Schließlich erreichten wir am frühen Nachmittag unser Basiscamp und wurden freundlich von den Mitarbeitern von Inca Expediciones mit einem bereits bereitstehenden Begrüßungssnack in Empfang genommen. Nachdem wir unsere Großraumzelte bezogen hatten, erkundeten wir ein wenig das Lager. Plaza de Mulas ist nach dem Everest Basecamp das zweitgrößte Basislager der Welt. Und auch wenn wir noch früh in der Saison waren und das Lager noch nicht komplett aufgebaut war, bekamen wir schon einen Eindruck von den Ausmaßen dieser kleinen Stadt in den Bergen. Hier gibt es nämlich nicht nur Übernachtungsmöglichkeiten, sondern auch einen kleinen Supermarkt, Restaurants und sogar die hächste Kunstgalerie der Welt (laut Guinness Buch der Rekorde). Hier stellt der lokale Künstler Miguel Doura seine Werke aus, die größtenteils den Aconcagua und die ihn umgebende Landschaft zeigen. Wer mag, kann eines der Bilder kaufen und sich direkt nach Hause liefern lassen. Nach einer Pizza zum Abendessen fielen wir alle nach diesem anstrengenden Tag hundemüde ins Bett.
Der folgende Tag sollte nach dem Marsch am Vortag ein Ruhetag werden, den wir auch definitiv gut gebrauchen konnten. Nur im Camp herumzusitzen war aber natürlich auch keine Option, wenn man schon einmal in dieser fantastischen Gegend ist. Und so machten sich einige von uns auf, um noch einmal ein paar Höhenmeter zu sammeln und einen Blick von oben auf das Camp zu erhaschen, einige besuchten die nahegelegenen bizarren Eisformationen, genannt Penitentes. Dennoch stand heute vor allem Erholung auf dem Programm, denn schon am kommenden Tag wollten wir den ersten Gipfel unserer Tour erklimmen: Auf dem Programm steht der Cerro Bonete (5.052 m).
Am Abend ereilte mich dann allerdings noch eine Erfahrung, von der ich rückblickend der festen Meinung bin, dass sie großen Einfluss auf den weiteren Verlauf meiner Expedition haben sollte. Kurz vor dem Schlafengehen ging es noch zur örtlichen Wasserzapfstelle zum Zähneputzen. Und während wir dort so herumstanden, konnten wir beobachten, wie ein Bergsteiger aus einer anderen Gruppe auf einer Trage liegend per Hubschrauber evakuiert werden musste. Kein angenehmer Anblick kann ich sagen. Im nächsten Moment wischte ich mir mit dem eiskalten Wasser aus dem Hahn die Zahnpasta vom Mund und es durchzuckte mich eine unglaubliche Kälte, inkl. eines schüttelfrostähnlichem Zittern am ganzen Körper. Ich hatte keine Ahnung, wo dieses Gefühl so plötzlich her kam. Vermutlich war es eine Kombination aus der Höhe, den Anstrengungen des Tages und er Kälte. Ich verkroch mich daraufhin in meinem dicken Daunenschlafsack und war ruckzuck wieder aufgewärmt.