Hakuna Matata Kilimanjaro

Vom Mweka Camp zurück nach Moshi

Auch wenn ich die gesamte Zeit am Kili nicht schlecht geschlafen habe, brachte die folgende Nacht für uns alle vermutlich den tiefsten Schlaf seit langer Zeit. Dies dürfte zum einen daran gelegen haben, dass wir nun wieder deutlich mehr Sauerstoff zur Verfügung hatten, viel mehr aber wohl daran, dass der letzte Tag unfassbar intensiv, aufregend und kräftezehrend war. In jedem Fall dürften wir alle in unseren Träumen eine Menge zu verarbeiten gehabt haben. Nach dem inzwischen schon ebenso gewohnten wie liebgewonnenen Frühstück ging es dann auf die letzte Etappe der Tour. Der Weg vom Mweka Camp führte uns durch die Regenwaldzone zum Mweka Gate, wo der Minibus auf uns warten und zurück zu unserem Hotel nach Moshi bringen sollte. Der Weg erinnerte ein wenig an die erste Etappe, mit dem Unterschied, dass der Weg deutlich schlechter ausgebaut war. Wir kraxelten also mehr als das wir wanderten, vorbei an riesigen Bäumen, aus deren Rinde die Einheimischen teilweise Medikamente herstellen und auch der eine oder andere Affe ließ sich wieder in den Baumwipfeln blicken.

Ein letztes Highlight sollte uns aber auch noch bevorstehen. An einer Stelle führte ein kleiner Trampelpfad rechts von unserem Weg ab, auf den uns Peter schickte. Nach ein paar Schritten wussten wir auch warum. Hier bot sich nämlich noch einmal ein letzter aber umso schönerer Blick zurück auf unseren Berg der Träume, den Kilimanjaro. Unglaublich, wie weit er von diesem Punkt aus schon wieder entfernt schien. Unglaublich, dass wir tatsächlich erst vor wenigen Stunden dort oben auf dem Gipfel gestanden haben.

Ein paar weitere Kilometer weiter und wir hatten schließlich das Mweka Gate erreicht, wo sich inzwischen auch einige weitere Wanderer und auch eine wahre Schar an Trägern eingefunden hatte. Eine letzte, aber umso erfreulichere Formalie wartete hier noch auf uns. Wir mussten nicht nur von unserer Route quasi „auschecken“, sondern erhielten am Gate auch unsere wohlverdiente Gipfel-Urkunde. Diese sammelte jedoch zunächst erstmal Peter ein, da wir sie später im Rahmen einer Zeremonie im Garten unserer Agentur in Moshi erhalten sollten.

Genau dorthin ging es dann kurz darauf auch mit unserem Minibus. Bevor es allerdings so richtig losging, hielten wir auch schon wieder an, denn kurz hinter dem Mweka Gate gibt es noch einen großen Merchandising Store, wo wir natürlich nochmal anhielten, um uns das eine oder andere Andenken an unseren Trip zu kaufen. Obligatorisch sind dabei natürlich die allgegenwärtigen T-Shirts mit Aufschriften wie „Just did it!“ oder „Pole Pole“ oder einfach nur den verschiedenen Routen zum Gipfel des Kilimandscharo. Nachdem wir uns entsprechend eingedeckt hatten, ging es dann aber wirklich auf den Heimweg, der uns an riesigen Kaffeeplantagen (offenbar vom deutschen Großröster Tchibo) und an den Bergdörfern der Chagga vorbei nach Moshi und dort in den Garten unserer Agentur KAT führte. Hier sollte es noch eine kleine Abschlusszeremonie inklusive der feierlichen Übergabe unserer Urkunden geben. Doch bevor es soweit war, gönnten wir uns etwas, was vermutlich noch nie in meinem Leben so lecker geschmeckt hat: Eine eiskalte Coca-Cola – und dann auch noch aus einer Glasflasche. Unglaublich, was so eine braune, extrem zuckerhaltige Brause für Glückshormone in einem freisetzen kann. Anschließend gab es noch ein letztes leckeres Mittagessen von unserem Koch Thomas, welches wir auf Stühlen im Garten einnahmen.

Ähnlich wie nach der Rückkehr vom Mount Meru zum Momella-Gate muss man leider auch hier sagen, dass die Situation für einen halbwegs weltoffenen Mitteleuropäer irgendwie unangenehm ist. Im Garten standen sechs Stühle, auf denen sich wir vier Touris, sowie mit Peter und Bariki unsere beiden Guides niederließen und aßen, während der Rest der Crew uns gegenüber auf einer 30 cm hohen Mauer hockte und uns mehr oder weniger dabei zusah. Da half es auch wenig, dass wir den Jungs die eine oder andere Runde Kaltgetränke spendierten, was allerdings sichtlich gut ankam. Auch für diese Tour hatten wir wieder das Trinkgeld für unsere Begleitmannschaft vorab eingesammelt und in einem Briefumschlag an Peter überreicht. Dieser teilte die Gesamtsumme nach einem für uns nicht ersichtlichen Schlüssel auf die einzelnen Crewmitglieder auf und drückte es ihnen während wir daneben saßen in die Hand. Wieder stellten sich uns dieselben Fragen wie schon am Mount Meru. War es in Ordnung? War es zu wenig? Wer hat wie viel bekommen? Und vor allem warum? Eine für uns alle irgendwie unangenehme Situation, zumal man immer wieder von Amerikanern hört, die im Überschwang des Glücks eines Gipfelerfolgs wohl mit dem Trinkgeld nur so um sich werfen. Wir hielten uns erneut an die Empfehlungen des DAV Summit Clubs und da das Team ja wusste, dass wir den Trip über diesen Anbieter gebucht hatten, dürften sie ungefähr gewusst haben, was auf sie zukommt. Es mag sein, dass wir es uns nur eingebildet haben, aber irgendwie lag nach der Trinkgeldzeremonie irgendwie eine merkwürdige Stimmung in der Luft.

Diese besserte sich allerdings nach einer kurzen Rede, die wir noch an die Crew richteten. Es war mir von Beginn an ein Bedürfnis, die Träger nicht als Träger zu sehen und zu behandeln, sondern als gleichberechtigten Teil unserer Mannschaft. Sie waren unsere Helden in den vergangenen Tagen, ohne die unser Erfolg und das ganze Abenteuer schlicht nicht möglich gewesen wäre. Dies habe ich dann auch noch mal mit ein paar Worten zum Ausdruck gebracht und spätestens, nachdem wir noch einmal deutlich gemacht haben, dass sie alle in unseren Augen nicht nur „Porters“ waren, sondern „Rafikis“ (zu Deutsch „Freunde“), lichteten sich auch die Mienen spürbar. Und dann kam uns auch noch ein besonderer Umstand zur Hilfe, um das Eis endgültig zu brechen.

Unser Guide Peter feierte auf der Tour seinen 40. Geburtstag, zu dem es dann auch noch eine kleine Feier im Garten der Agentur, inklusive Torte und einer unfreiwilligen Dusche für ihn gab. Als Peter dann die Torte anschnitt und mit den Stücken zunächst wieder als erstes zu uns kam, gaben wir ihm zu verstehen, dass nun erstmal seine Jungs an der Reihe seien, die in den vergangenen Tagen zwar nicht für uns, aber dennoch stets irgendwie die zweite Geige gespielt hatten. Was für uns nur eine kleine Geste und irgendwie auch eine Selbstverständlichkeit war, kam bei den Trägern unglaublich gut an. Manchmal sind derlei Gesten gefühlt mehr wert als jedes Trinkgeld dieser Welt. In jedem Fall führte sie dazu, dass sich anschließend eine ungleich gelöstere Stimmung und sogar eine echte kleine Party entwickelte.

Neben dem Trinkgeld ist es übrigens auch Tradition, dass die Gäste das eine oder andere Ausrüstungsstück, welches sie nicht mehr benötigen auf einen großen Haufen legen und diese dann unter der Mannschaft verteilt werden. Auch diese Aufgabe übernahm wieder Peter und führte zu einer Szene, die wir wohl für immer im Herzen behalten werden. Von Anfang an ist uns ein Träger aufgefallen, der, wenn er mal keine Sonnenbrille aufhatte aussah, als würde er mit geschlossenen Augen gehen. Wir vermuteten schon, dass er irgendein Problem mit seinen Augen hatte. Er bekam von dem Ausrüstungshaufen eine Sonnenbrille. und als wir nach der Party noch in unserem kleinen Kreise der Touris zusammenstanden, kam eben jener Träger noch einmal zu uns und bedankte sich bei jedem einzelnen wirklich herzzerreißend für seine neue Sonnenbrille. Man konnte förmlich spüren, wie sehr er sich darüber gefreut hatte und wie dankbar er dafür war. Mal ganz abgesehen davon, dass er mit der Brille wirklich cool aussah. Es sind solche Momente, die wirklich hängenbleiben. Und als unser Minibus dann vom Hof rollte, um uns zurück zu unserem Hotel zu bringen, stand die komplette Mannschaft am Straßenrand und winkte uns hinterher. Insofern hoffen wir einfach mal, dass wir nicht den schlechtesten Eindruck hinterlassen haben.

Angekommen im Hotel konnten wir es kaum erwarten, unsere Zimmer zu beziehen und uns unter die warme Dusche zu stellen. Es sollte die erste Dusche seit über einer Woche sein und genauso fühlte sie sich auch an. Auch das ist eine wirkliche Erkenntnis aus dem Trip: Man wird ein ganzes Stück weit geerdet. Während wir es einfach gewohnt sind, dass jeden Tag fließendes, warmes Wasser aus der Leitung kommt, ist dies ein Privileg, was man viel zu selten nur noch zu schätzen weiß. Nach einer Woche ohne Dusche wird einem dies sehr deutlich vor Augen geführt. Beinahe genauso groß war bei mir übrigens die Freude beim Anblick eines richtigen Bettes. Nicht das ich während des Trekkings schlecht auf der Luftmatratze geschlafen hätte, aber ein Bett ist danach dann doch eine echte Wohltat! Ähnliches lässt sich auch über das Abendessen im Hotel sagen. Während wir am Kili von unserem Koch Thomas wirklich nach Strich und Faden verwöhnt wurden, war die Freude über einen Burger oder eine Pizza dennoch riesig.

Nach dem Abendessen galt es jedoch schon wieder die Sachen zu packen, schließlich ging es am nächsten Tag schon weiter mit einer Safari im Ngorongoro Krater, doch das ist eine andere Geschichte.

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